Heute gibt es endlich ein neues Update zu Viktorias „kaputtem Flügel“. Eigentlich war dieser Artikel schon im November geplant, nachdem bei einer zweiten Operation in Hamburg der Draht aus dem Knochen entfernt werden sollte. Allerdings hatte ich genau in dieser Zeit meine Corona-Infektion, die Viktoria mit mir zusammen in die Quarantäne zog. Und so mussten wir den lange geplanten Operations-Termin notgedrungen absagen.
Mein letzter Artikel zu Viktorias Operation (den Blogbeitrag findet ihr hier) endete mit unserer Entlassung aus dem Krankenhaus. Knapp 4 Tage nach der Operation durften wir schon wieder nach Hause, weil die Wundheilung bei der kleinen Maus wirklich vorbildlich war. Viktoria hat sich so gefreut, ihren Papa und ihren Bruder wiederzusehen und hat den ganzen Rückweg über das ganze Gesicht gestrahlt. Was mir anfangs aber tatsächlich etwas Kopfzerbrechen bereitet hat, war die Tatsache, dass alle 7 Tage der Verband an Viktorias Arm gewechselt werden musste. Denn sie hatte keinen Vollgips, sondern nur eine Gipsschiene, die mit Verbänden und Tape am Arm befestigt wurde. Und diesen Verbandswechsel sollen die Eltern eigentlich selbst machen. Nach zweimaligem Zuschauen im Kinderkrankenhaus. Wer den Artikel zu Viktorias Operation gelesen hat, der weiß, dass es mehrere Schwestern, die Ärztin und mich brauchte, um Viktoria so festzuhalten, dass der Verband gewechselt werden und fest genug um den Arm gebunden werden konnte. Und nun sollten wir das ganz alleine bewerkstelligen. Das erschien mir doch sehr schwierig und fast nicht machbar. Und so machte ich mich gleich einen Tag später auf den Weg zu unserer Kinderärztin, um sie um Hilfe zu bitten.
Und tatsächlich bot sie uns an, einmal pro Woche die Verbände zu wechseln und auch die notwendigen Materialien über unser Rezept zu besorgen. Ich war so dankbar. Und vor allem bin ich den Schwestern der Praxis sehr dankbar, die diese Arbeit übernehmen mussten. Inklusive des Festhaltens von Viktoria. Auf den ersten Verbandswechsel war ich dementsprechend sehr gespannt und meine Erwartungen an Viktorias Wehrfähigkeiten wurden mehr als erfüllt. Sie hat sich wirklich mit Händen und Füßen gewehrt, getreten, geschrien. Und dennoch mussten wir sie festhalten, um das Operationsergebnis nicht wieder kaputt zu machen. Der erste Termin war schlimm. Alle haben Blut und Wasser geschwitzt. Aber was soll ich sagen? Bei jedem einzelnen Verbandswechsel wurde es besser, Viktoria vertraute den Schwestern und hielt bei den letzten beiden Terminen auch vollkommen still und beobachtete genau, was die Schwestern da an ihrem Arm taten. Ich war ja so stolz auf die kleine Maus. Seit dieser Zeit fühlt sie sich in der Praxis der Kinderärztin auch wie zu Hause. Sie zeigt keine Angst mehr, sie lässt sich ohne Widerstand untersuchen und schäkert mit Ärztin und Schwestern.

So gesehen war die Zeit mit dem Gipsarm eigentlich eine sehr entspannte Zeit. Viktoria ist wirklich sehr gut mit dem Gips klargekommen, hat sich trotzdem Spielzeug unter dem Arm geklemmt oder den Gips zum Halten von Dingen mitgenutzt. Tagsüber hatte sie den Gips aber auch immer in einer Armschlinge, damit sie sich bei Stürzen nicht mit dem Arm abstützt. Die gängigen Armschlingen für Kinder waren für Viktorias kürzeren Arm natürlich maßlos zu groß. Daher habe ich davon nur den Gurt genommen und den Arm dann mit Hilfe von Klettverschlüssen daran befestigt. Das hat erstaunlich gut geklappt und hat im Alltag auch überhaupt nicht gestört.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass der Operationstermin zeitlich wirklich perfekt für uns war. Die Gipszeit fiel in den April und Mai. In dieser Zeit waren die Temperaturen so, dass Viktoria erstens nicht besonders geschwitzt hat unter der Schiene und zweitens nicht vom Baden im Pool ferngehalten werden musste. Als das Badewetter so richtig losging, war Viktoria auch ihren Gips wieder los. Ich kann also nur jedem empfehlen, so eine Operation für Kleinkinder nicht in den Sommer zu legen. Das ist sowohl für die Kinder eine Quälerei als auch für die Nerven der Eltern. Das geht natürlich nur, wenn man als Eltern die Wahl eines Termins hat. Fürs Duschen und auch für das Spielen im Sandkasten haben wir uns ganz oldschool an Gefriertüten und Haushaltsgummis bedient. Weil der Arm darin aber nach einiger Zeit stark schwitzte, sind wir nach ein paar Wochen auf die Idee gekommen, Op-Handschuhe linksrum über den Gips zu stülpen. Diese Lösung war perfekt und hat uns den Kauf spezieller Wasserprotektoren für Gipsverbände erspart.


Der Gips kommt ab
Die 6 Wochen Gips vergingen wie im Flug und selbst die Haut unter der Schiene sah bei jedem Verbandswechsel ziemlich gut aus. Aber einige Tage bevor wir zur Kontrolle nach Hamburg sollten, bekam Viktoria plötzlich Fieber und hatte hohe Entzündungswerte im Urin. Der erste Verdacht einer Nierenbeckenentzündung bestätigte sich glücklicherweise nicht. Dennoch mussten wir einige Tage im Kinderkrankenhaus in Stendal bleiben und es bestand die Gefahr, den Termin in Hamburg nicht wahrnehmen zu können. Da wir erst kurz vorher beim Verbandswechsel waren, schloss ich offene Stellen unter dem Gips eigentlich aus. Einen Tag vor dem Termin in Hamburg wurden wir schließlich entlassen, weil das Fieber deutlich zurückgegangen war und es Viktoria auch sehr gut ging. So konnten wir den Kontrolltermin in Hamburg schließlich doch wahrnehmen.
Im Kinderkrankenhaus angekommen zeigte sich schließlich, warum die Entzündungswerte so hoch gewesen waren. Der ganze rechte Unterarm war feuerrot, nässend und hat fürchterlich gejuckt. Viktoria hat ständig gekratzt und wollte natürlich auch nicht, dass irgendjemand ihren Arm berührt. Das hat beim Röntgen und bei der Untersuchung wieder für ordentlich Stimmung gesorgt. Auch das Anpassen der Nacht-Schiene hat die Kraft von 4 Schwestern benötigt, um die kleine Maus zu bändigen. Das Krankenhaus stellt die Schienen selbst her und passt sie direkt am Arm des jeweiligen Kindes an. An sich eine tolle Praxis, eben weil dort jedes Kind andere körperliche Voraussetzungen hat. Viktoria war da aber ganz anderer Meinung und hatte so gar keine Lust darauf. Aber schließlich saß die Schiene perfekt, die Ärztin nickte zufrieden aufgrund des sehr guten Heilungsverlaufes und wir durften das Krankenhaus mit neuen Röntgenbildern wieder verlassen. Nach wie vor bin ich unfassbar glücklich, dass wir gleich nach Viktorias Geburt an das Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg verwiesen wurden. Die Ärzte, die Schwestern und alle anderen Personen dort sind so unglaublich kinderlieb, kompetent und haben Viktoria die beste Behandlung (auch bei der Chefärztin als deutschlandweite Expertin) zukommen lassen. Ich würde das KKH jederzeit weiterempfehlen und habe dies auch schon mehrfach getan, wenn andere Eltern mich in den sozialen Medien danach gefragt haben.

Der Zustand der Haut am rechten Unterarm machte uns aber dennoch weiterhin Sorgen. Keine Cremes, keine Heilsalben, keine Hausmittel schienen zu helfen. Bis uns eine Apothekerin schließlich die Reihe „Haut Ruhe“ von Eubos empfahl. In zwei Varianten, immer im Wechsel. Ab diesem Tag konnten wir zuschauen, wie die Haut quasi stündlich besser wurde und abheilte. Heute sind nur noch die 3 Narben am Unterarm zu sehen, der Rest der Haut hat sich vollständig erholt.
Warum ein Pop It für uns ein Therapiegerät ist
Was nun folgte, war aber die eigentliche Arbeit Viktorias und ihrer Therapeutinnen. Denn die kleine Maus musste wieder lernen, den rechten Arm ganz selbstverständlich zu benutzen, ohne dass sie Schmerzen befürchten müsste. Als erstes Hilfsmittel dafür dienten uns die heute so trendigen Pop Its. Während Viktorias Gipszeit habe ich recherchiert, welche therapeutischen Mittel es gibt, um die rechte Hand und vor allem die Finger langsam wieder an Bewegungen zu gewöhnen. Dabei bin ich auf diese Stressspielzeuge aus Silikon gestoßen. Der Schmetterling war bunt, er war neu und Viktoria fand den Schmetterling von Anfang an toll. Auch die Ärzte in Hamburg hielten das Pop It für eine gute Idee. Ein paar Wochen später erzählten mir Adam und seine Freunde dann, dass plötzlich alle Kinder auf dem Schulhof so ein Pop It hätten. Mir war bis dahin gar nicht bewusst gewesen, dass diese Dinger so trendig sein sollten. Für uns waren sie ein reines Therapieobjekt. Nichtsdestotrotz hat Adam dann schließlich auch ein eigenes Pop It und Viktoria ein zweites in Form eines Eis bekommen und die beiden tauschen immer wieder untereinander.

Eine Woche nach der Abnahme der Gipsschiene hatte Viktoria noch Therapiepause. Seitdem geht sie aber wieder jede Woche zu ihren beiden Therapeutinnen. Bei der Ergotherapie liegt der Fokus seit der Operation nun nicht mehr auf dem Tapen, sondern auf feinmotorischen Bewegungen der rechten Hand und der Finger. Dort kann sich Viktoria kreativ und spielerisch völlig austoben. Dort wird gestickert, gemalt, gepuzzelt, mit Musikinstrumenten und Murmeln gespielt. Die Palette ist schier endlos und die Ergotherapeutin hat jede Woche eine andere Idee, überlässt Viktoria aber auch häufig selbst die Wahl. Einfach, damit sie mit Spaß dabeibleibt.

Die Physiotherapie legt als Ausgleich dazu den Schwerpunkt eher auf die sportliche und motorische Entwicklung. In den Therapieräumen gibt es Bälle, ein Trampolin, eine Sprossenwand, Matten, Rutschen und so ziemlich alles, was einem Kind den Spaß an der Bewegung vermittelt. Und Viktoria geht mittlerweile auch sehr gern dorthin. Seit ein paar Wochen darf ich sogar draußen im Wartebereich sitzenbleiben, während Viktoria mit der Therapeutin in den Sportraum geht. Diese Umstellung hat besonders Viktoria gutgetan, die mich nun nicht mehr ständig im Blick hat und sich ganz auf den Sport konzentrieren kann. Das erspart der Physiotherapeutin sehr viele Trotzanfälle.

Während ich diesen Beitrag geschrieben habe, flatterte der Brief mit dem neuen Termin in Hamburg ins Haus. In knapp zweieinhalb Wochen wird der Draht, der sich immer noch in der Speiche des rechten Arms befindet, in einer ambulanten Operation entfernt. Außerdem muss eine neue Schiene angepasst werden, die dieses Mal aber während der Vollnarkose hergestellt wird. Das erspart Viktoria (und auch den Schwestern in Hamburg) zusätzlichen Stress. Da wir den Termin im November schon einmal wegen Corona absagen mussten, hoffe ich nun natürlich sehr, dass die Operation im Februar stattfinden kann. Gerade Hamburg hat ja stark mit steigenden Zahlen zu kämpfen. Aber an den notwendigen ambulanten Operationen wird wohl festgehalten. Jetzt muss nur noch Viktoria gesund bleiben.
Sobald wir diese Operation hinter uns haben und das Endergebnis auf dem Röntgenbild sehen, werde ich hier auch noch einmal genauer darauf eingehen, ob die Ärzte mit den Ergebnissen zufrieden sind, was sich durch die Eingriffe verbessert hat und wie der Plan für die nächsten Jahre aussieht.
Ein Kommentar zu “Dysmelie-Update: Viktorias Gipsarm und die Zeit danach”